Der Krug geht so lange zum Munde, bis er bricht
Damals, als ich meine Sprachspielereien begann und die Sprüche durcheinander wirbelte, habe ich auch diesen verändert und gesagt:
"Der Krug geht so lange zum Munde, bis man bricht."
Du hast die Stirn gerunzelt, den Kopf geschüttelt, aber auch ein wenig gelächelt, glaube ich.
Hat denn nicht einer mit dem anderen etwas zu tun?
Mit dem Krug und seinem Inhalt ist doch Saufen gemeint, oder? Trinken hieße doch, aus dem Krug etwas in ein Glas gießen und dann anständig trinken. Aber so aus dem Krug - so etwas tut man nicht, hast Du uns auch immer ermahnt. Obwohl ja die Milch, direkt aus dem Krug oder der Flasche... Na ja, Du weißt schon.
Aber Saufen ist ja eine Form von Gier, nicht? Und der Krug ist ja - wie eigentlich alles bei den Sprichwörtern, ein Bild, eine Metapher. Und dann ist der Krug auf einmal viel größer und kann alles enthalten, nicht nur Flüssigkeiten. Und weil man damit immer und überall "flüssig" sein kann, ist heutzutage wohl Geld damit gemeint. "Je mehr er hat, je mehr er will: Nie schweigen seine Klagen still." So ähnlich, nicht? Der Indianer-Häuptling Seattle sagte mal, irgendwann werde der Weiße Mann merken, daß man Geld nicht essen könne - wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fisch gefangen... Wir haben über diesen weisen Mann öfter gesprochen, als ich immer nur Cowboy sein wollte.
Gier
ist die Mißgeburt der Hure Wachstum, bei der so viele Freier Schlange
stehen. Ich finde, Wachstum ist das Unwort des neuen Jahrtausends. Für
die meisten Menschen auf der Welt ist Wachstum dringend nötig bei
Ernährung, Bildung, würdigen Lebensumständen. Aber doch nicht bei uns
und den anderen Europäern, die jahrhundertelang auf Kosten ihrer
Kolonien gelebt haben, und das bis heute noch tun - auch wenn es pro
forma keine Kolonien mehr gibt.
Unser Krug scheint bald zu bersten, weil er so prall gefüllt ist, und sich immer mehr Säufer an seinem Inhalt verschlucken.
Und was fällt uns dazu ein bei Brecht?
2. Person Plural, Imperativ...
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